Anfang April hat Emmanuel Macron Xi Jinping in China besucht. Nun kommt es zum Gegenbesuch.
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Es ist die erste Reise des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping nach Europa seit fünf Jahren. Und die Länder, die er vom 5. bis 10. Mai besuchen wird, sagen einiges aus über den Zustand der Beziehungen zwischen Peking und dem europäischen Kontinent. Man hätte an dieser Stelle auch "Brüssel" oder "EU" anstatt "Kontinent" schreiben können, stünde nicht Serbien auf dem Programm. Am 7. Mai wird Xi in Belgrad sein – dies ist "zufällig" auch der 25. Jahrestag der Bombardierung der chinesischen Botschaft.

1999 im Zuge des Kriegs gegen Serbien hatten Nato-Bomben "zufällig" das Gebäude der diplomatischen Vertretung Pekings in Belgrad getroffen – ein Ereignis, das im Westen kaum bekannt ist, an das in China aber immer wieder erinnert wird. Serbien gilt traditionell als Verbündeter Moskaus und liegt zudem auf der Neuen Seidenstraße. Mit chinesischem Geld wurde hier unter anderem eine Bahnstrecke gebaut.

Italien ausgestiegen

2019, das Jahr von Xis letzter Europareise, lag Italien noch auf der Route des chinesischen Präsidenten. Unter der neuen Regierungschefin Giorgia Meloni verließ das Land offiziell das chinesische Großprojekt – vermutlich auf Druck Washingtons.

Stattdessen steht Ungarn auf dem Programm: Ministerpräsident Viktor Orbán gilt als "Panda-Hugger", als Panda-Umarmer, wie man die Freunde Pekings salopp nennt. Im Oktober vergangenen Jahres nahm Orbán als einziger Regierungs- oder Staatschef der EU am Gipfeltreffen der Neuen Seidenstraße teil. Peking dankt mit Rieseninvestitionen: So hat der chinesische Batterie-Hersteller CATL angekündigt, in Ungarn ein Werk für sieben Milliarden Dollar zu errichten.

Wichtigster Punkt der Reise aber dürfte Xis Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron sein. Bei seinem China-Besuch Anfang April hatte Macron mehr "strategische Autonomie" für die EU gefordert, was zu viel Kritik in Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten geführt hatte. Mittlerweile aber hat Macron sich auch in eine Führungsrolle gedrängt, was die Ukraine-Politik der EU betrifft.

Keine Einladung für Russland

Zuletzt hatte er wieder mit der Entsendung von französischen Soldaten gedroht. In Peking dürfte man wissen, dass ein wichtiger Schlüssel zur Lösung des Ukrainekriegs in Frankreich liegt. China hatte bisher auch die Tatsache kritisiert, dass Russland nicht zur Friedenskonferenz in der Schweiz im Juni eingeladen sei.

Und schließlich verkompliziert sich die Lage durch Wladimir Putins baldigen Besuch in China. Peking hat dies zwar noch nicht offiziell bestätigt. Der russische Präsident aber hatte kürzlich bekanntgegeben, dass die Reise im Mai stattfinden würde.

Der Krieg in der Ukraine ist das wichtigste Thema von Xis Europareise, aber nicht das einzige. Die Beziehungen zwischen beiden Wirtschaftsblöcken sind angeschlagen. In Deutschland sind gerade vier mutmaßliche Agenten wegen Wirtschaftsspionage verhaftet worden.

Harter Preiskampf in China

Zudem beschäftigen die wirtschaftlich angeschlagene EU Chinas sogenannte Überkapazitäten. Jahrelang subventionierte Peking nicht nur die eigene Elektroauto-Industrie, sondern die gesamten Wertschöpfungsketten: vom Abbau der Rohstoffe bis zur Batterie. Dies führte zu einem harten Preiskampf chinesischer Hersteller im eigenen Land.

Nun drohen Hunderttausende von chinesischen Fahrzeugen den europäischen Markt zu überschwemmen und die heimischen Industrien zu schädigen. Die EU erwägt deswegen protektionistische Maßnahmen wie Schutzzölle. Peking könnte diese wiederum mit einer Abwertung des Yuan kontern. Es steht also viel auf dem Zettel bei Xis Europareise, und das wenigste davon ist aus Brüsseler Sicht angenehm. (Philipp Mattheis, 4.5.2024)